Heinrich Kunst

Heinrich Kunst wurde am 21. März 1905 in Ofenerfeld (Gemeinde Wiefelstede, Kreis Ammerland) geboren. Nach seiner Schulzeit arbeitete er ab 1919 im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern, wandte sich aber schon früh dem Theater zu. Er gründete zu Anfang der zwanziger Jahre die plattdeutsche Theatergruppe Ofenerdiek und betätigte sich bereits ab 1924 in der Komparserie des damaligen Landestheaters Oldenburg. Zudem wirkte er im Sprech- und Bewegungschor mit. In dieser Zeit spielte Heinrich Kunst auch schon in Vorstellungen der damaligen Niederdeutschen Bühne Oldenburg, der jetzigen August Hinrichs Bühne, mit, der er ab 1931 als Vollmitglied bis zu seinem Lebensende am 11. März 1993 angehörte.

Im Zweiten Weltkrieg wurde er 1940 als Soldat eingezogen und musste später neun Monate als Verwundeter im Lazarett verbringen. Kurz nach Kriegsende wurde Heinrich Kunst 1945 Bezirksvorsteher („Kleiner Bürgermeister“, „Lüttje Börgmester“) von Ofenerfeld. Gleichzeitig engagierte er sich wieder aktiv bei der August Hinrichs Bühne in Oldenburg, die sich sehr bald wieder konstituierte.

Dazu kamen dann in den fünfziger Jahren seine umfangreichen Tätigkeiten beim Heimatfunk von Radio Bremen und beim Fernsehen. So war er beispielsweise zwischen 1963 und Mitte der 1980er Jahre gemeinsam mit Ursula Hinrichs vom Ohnsorg-Theater  in der monatlich von Radio Bremen ausgestrahlten Hörfunkreihe „Zwei schlicht – zwei kraus“ (Hinnerk Heidschnuck strickt die Masche des Monats)  zu hören.

Daneben war er über fast vier Jahrzehnte lang mit seiner markanten Stimme in ca. 150 plattdeutschen Hörspielproduktionen im Radio zu hören. Auch wirkte er in mehreren Fernseh-  und Kinofilmen mit, die ihn auch überregional bekannt machten:

  • 1968: Vier Stunden von Elbe 1 (Fernsehfilm)
  • 1969: Ein Jahr ohne Sonntag (Fernsehserie)
  • 1970: Gezeiten (Fernsehfilm)
  • 1973: Tatort: Jagdrevier (Fernsehfilm)
  • 1979: Ein Kapitel für sich (Fernsehfilm)
  • 1979: Kümo Henriette (Fernsehserie)
  • 1986: Finkenwerder Geschichten (Fernsehserie)
  • 1989: Otto – Der Außerfriesische

Für seine großen ehrenamtlichen Verdienste als Bezirksvorsteher in Ofenerfeld und für seine vielfältigen künstlerischen Verdienste erhielt Heinrich Kunst 1978 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

1983 wurde er neben Heidi Kabel mit dem Richard-Ohnsorg-Preis ausgezeichnet. Im Sitzungsprotokoll des Richard-Ohnsorg-Kuratoriums wurde festgehalten:

„Heinrich Kunst ist beispielhaft für einen niederdeutschen Volksschauspieler. Vielseitig beschäftigt bei Bühne, Film, Funk und Fernsehen, ist er erfahren, ohne jedoch routiniert zu sein, komödiantisch, ohne zu klamottieren, sprachlich originär, ohne je in Sprachmanieren zu verfallen. … Er ist sicher im Umgang mit seinen schauspielerischen Mitteln; trotz seines Alters und seiner Gehbehinderung von großer körpersprachlicher Ausdruckskraft, souverän im Umgang mit seinem Text und vor allem von einer unerschöpflichen Begeisterung für das Theater und die plattdeutsche Sprache.“

1984 verlieh die Gemeinde Wiefelstede Heinrich Kunst für seine vielfaltigen und großen Verdienste um das Gemeinwohl die Ehrenbürgerwürde.

Seine Hofstelle, auf der er sein ganzes Leben verbrachte, vererbte er nach seinem Tode am 11. März 1993 der Gemeinde Wiefelstede. Der Verein „Begegnungsstätte Heinrich Kunst e. V.“  restaurierte die Hofstelle, die heute als Versammlungs- und Begegnungsstätte dient. Daneben werden vielfältige kulturelle Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt  „Niederdeutschen Sprache“,  für die sich Heinrich Kunst Zeit seines Lebens einsetzte, angeboten.

 

 „Heinrich Kunst Haus“ in Ofenerfeld

Literatur

  • Wilfried Harms: „Wi laat us Tiet – Beleven mit Heinrich Kunst“. Isensee Verlag, Oldenburg 1998, ISBN 3-89598-537-6
  • Herwig Dust: “…is allens wat dorbi” – Eine Biographie über Heinrich Kunst. Isensee Verlag, Oldenburg 1997, ISBN 3-89598-452-3